Zentrale Kläranlage
Zwischen Ausguss und Fluss
Das gesamte Abwasser der Stadt Chemnitz und aus Teilen des Umlandes gelangt durch ein ausgeklügeltes Kanal- und Rohrsystem in die Zentrale Kläranlage nach Chemnitz-Heinersdorf. Hier wird das Abwasser gesammelt, behandelt und in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt.
Die Anlage kann insgesamt 9.450 Kubikmeter pro Stunde aufnehmen, das sind 2.635 Liter in einer Sekunde. Bei Trockenwetter kommen bis 3.500 Kubikmeter Abwasser pro Stunde an, nachts sind es etwa 1.300 Kubikmeter. Jährlich bewältigt sie zwischen 30 und 38 Millionen Kubikmeter Schmutz- und Niederschlagswasser. Nach einer mechanischen und biologischen Reinigung wird das Wasser in den Fluss Chemnitz abgeleitet.
Der gesamte Reinigungsprozess des Abwassers mit allen Anlagenteilen wird zentral überwacht und gesteuert. Online können so beispielsweise Sauerstoffgehalt, Nitrat-, Ammonium- sowie Phosphorkonzentrationen analysiert werden.
Die Reinigung der Abwässer erfolgt nun nacheinander, erst in der mechanischen und anschließend in der biologischen Reinigung.
Mechanische Reinigung
Zulaufbauwerk / Geröllfang
Am Zulauf des Kanalnetzes spült das Abwasser immer wieder groben Unrat an, rund 80 Tonnen im Jahr. Für grobe Stoffe sind zwei Sperrstoffrechen verantwortlich. Sperrige und größere Fremdkörper, wie Autoreifen oder Baumstämme müssen die Mitarbeiter von Hand entfernen. Nach dem Geröllfang strömt das Abwasser direkt ins Rechenhaus. Bei starkem Regen wird es aufgeteilt. Bis zu 6.000 Kubikmeter Abwasser können so mittels Trennbauwerk in drei Speicherbecken zwischengelagert werden.
Rechenanlage
Im Rechenhaus gibt es drei "Straßen", jede mit Grob- und Feinrechen, durch die das ankommende Schmutzwasser geleitet wird. Während die Stäbe bei den Grobrechen einen Abstand von fünf Zentimeter haben, misst dieser bei den Feinrechen nur noch sechs Millimeter. Das filtert weitere Bestandteile ab.
Gesteuert wird die Anlage automatisch mittels Höhenstandssonden. Insgesamt fallen pro Jahr rund 1.000 Tonnen Rechengut an, welches dann fachgerecht kompostiert wird. Der Kompost wird im Landschaftsbau, beispielsweise für Deponieabdeckungen eingesetzt.
Sandfang
In den vier Sandfangkammern (44 Meter lang, 30 Meter breit, bis zu 11 Meter tief) werden Sand und kleine Steine abgeschieden. Dies erfolgt durch eine gezielte Luftzufuhr, die das Wasser in eine Walzenbewegung versetzt. Durch die Strömungsverhältnisse in der Walze werden Sand und Steine an die äußere Wand transportiert und sinken dort auf den Boden der Becken. Die Entnahme des abgesunkenen Materials erfolgt automatisch über Spezialtechnik. Das im Abwasser enthaltene Fett setzt sich an der Wasseroberfläche entlang der Kammern ab und wird in die Faultürme gepumpt. Es unterstützt die Produktion von Klärgas. Bis zu 800 Tonnen Sand und Steine fallen so jährlich an.
Per Pumpwerk zum Vorklärbecken
Aufgrund der Geländestruktur muss das Abwasser nun sieben Meter angehoben werden. Das geschieht durch Kreiselpumpen. Anschließend fließt es mit eigener Kraft weiter durch insgesamt vier Vorklärbecken, jedes 50 Meter lang. Feste Stoffe sinken nach unten, leichtere "schwimmen auf", wie es fachlich exakt heißt.
Mechanische Bandräumer schieben diese Stoffe zusammen, Primärschlamm entsteht, wird zerkleinert und gelangt über zwei Pumpen in den Voreindicker. Die mechanische Reinigung ist damit beendet. Aber das Abwasser ist immer noch zu zwei Dritteln verschmutzt. Es folgt die biologische Klärung der gelösten Schmutzstoffe.
Biologische Reinigung
Belebungsbecken
Die biologische Reinigung beginnt in sechs riesigen Becken, jedes 160 Meter lang, 17 Meter breit und 6,30 Meter tief. Hier bauen Mikroorganismen organische Inhaltsstoffe (Kohlenstoff-, Phosphor- und Stickstoffverbindungen) ab.
Die Belebungsbecken sind dazu in einzelne Kaskaden unterteilt, die nach Bedarf über Belüftungselemente an der Beckensohle Luft erhalten. Diese Prozesse entsprechen den natürlichen Selbstreinigungsprozessen in der Natur, verlaufen allerdings viel stärker und schneller.
Mikroorganismen bilden den Belebtschlamm. Für mehr Aktivität wird Kalkmilch in das Abwasser gegeben, um einen stabilen pH-Wert zu erreichen. Außerdem kann die Zugabe bestimmter Chemikalien die Reinigungsleistung verbessern. Dies wird dann notwendig, wenn die Mikroorganismen die Reinigung allein nicht mehr bewältigen können.
Nachklärbecken
Ziemlich klare Sache, schon bis zu einer Sichttiefe von 2,70 Metern. Jetzt folgt der letzte Schritt der Abwasserbehandlung.
In den vier runden Nachklärbecken (Fassungsvermögen gesamt: 42.000 Kubikmeter) wird der Belebtschlamm vom nun fast schon sauberen Abwasser getrennt. Der Schlamm wird zum Teil in die Belebungsbecken zurückgeführt, um die Reinigungsleistung der Mikroorganismen erneut zu nutzen. Der Rest wird als Überschussschlamm abgezogen und in die Schlammbehandlung gepumpt.
Zwischen 83 und 97 Prozent der Schmutzstoffe sind dem Abwasser am Ende des Prozesses entzogen. Gereinigt nimmt es jetzt seinen Weg über einen 1,5 Kilometer langen Ablaufgraben bis hin zum Fluss Chemnitz.
Spezialkur im Faulbehälter
Der anfallende Schlamm besteht zum Großteil aus dem Überschuss an Bakterienmasse selbst. Diese haben die Schmutzstoffe entweder "veratmet", wie z. B. Stickstoff und Kohlenstoffverbindungen, oder eingelagert, wie beispielsweise Phosphat. Er muss ebenso gründlich behandelt werden, wie das Abwasser selbst.
Sowohl der Primärschlamm aus dem Vorklärbecken als auch der Überschusschlamm aus dem Nachklärbecken werden entwässert, über Wärmetauscher auf 37 Grad Celsius erwärmt und dann in die beiden Faultürme gepumpt.
Die Faultürme sind 33 Meter hoch und haben ein Fassungsvermögen von zusammen 14.000 Kubikmetern. Auch hier leisten Mikroorganismen ganze Arbeit und bauen rund 50 Prozent der im Schlamm enthaltenen organischen Bestandteile ab. Dieser Prozess dauert rund einen Monat. Das dabei entstehende Klärgas, mit 62 Prozent Methan bestens brennbar, macht sich als Energiequelle für die Eigenstrom- und Wärmeerzeugung im Blockheizkraftwerk nützlich. So decken wir nahezu den gesamten Wärmebedarf und rund die Hälfte des Energiebedarfes der Kläranlage. Mittels neuester Technologien im Ultraschallbereich, einer so genannten Ultraschall-Desintegrationsanlage kann noch mehr Faulgas entstehen.
Nach dem Entwässern in drei Zentrifugen erhält der Schlamm, nun fast schon wie krümelige Erde, eine Zugabe von Branntkalk. Damit ist ein wertvolles Düngemittel für die Landwirtschaft entstanden.