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Aus Sachsens energiegeladener Geschichte

von Marie-Luise Fleißner

Die Ehrenfriedersdorfer Radpumpe

Wenn von erneuerbaren Energien die Rede ist, geht es häufig um Innovationen der heutigen Zeit. Auch Wasser zählt zu den nachhaltigen Energieträgern. Die Wasserkraft hat ihren Ursprung allerdings schon vor ungefähr 483 Jahren. Genau genommen im Erzgebirge.

Denn im erzgebirgischen Ehrenfriedersdorf wurde im 16. Jahrhundert die “Ehrenfriedersdorfer Radpumpe” erfunden. Bei Bohrungen entdeckten Mitarbeiter*innen des Besucherbergwerks 2001 Originalteile der Radpumpe und damit das älteste industriearchäologische Fundstück des ausgehenden Mittelalters.

Das Problem

Um an Zinn, Wolfram oder Silber zu gelangen, war es notwendig, tief in den Berg zu graben. Das Problem dabei: Je tiefer gegraben wurde, desto mehr lief der Schacht voll mit Grundwasser. Das hinderte die Bergleute am Abbau – also musste das Wasser abgeschöpft werden. Da es vorerst keine mechanische Lösung für dieses Problem gab, mussten sogenannte Wasserknechte das Wasser aus den Gruben heben. Das waren meist Kinder oder Zug-Esel, die diesen schweren Arbeiten schnell erlagen.

Die Lösung

m das Jahr 1540 hatten die Ehrenfriedersdorfer Bergleute eine geniale Idee: Die Energie des Wassers zu nutzen, um das Grundwasser aus der Grube zu pumpen. So erfanden sie eine Vorrichtung aus Holz, die “Ehrenfriedersdorfer Radpumpe”. Damit konnten die Bergarbeiter deutlich tiefer graben, da das Wasser nicht mehr an die Oberfläche geschleppt werden musste. Im Einsatz war die Pumpe bis 1989 und befindet sich auch heute noch Untertage im Sauberger Stollen in Ehrenfriedersdorf.

Wie funktioniert die Radpumpe?

Die Energie der Radpumpe kommt von einem Wasserrad, welches durch Wasser aus dem Greifenbachstauweiher angetrieben wird. An diesem Rad ist das Pumpengestänge mit ca. acht Meter langen Pump- und Saugrohren befestigt. In diesen Rohren befinden sich jeweils Kolben mit einer durchlässigen Lederdichtung. Durch die Auf- und Abbewegungen der Rohre schließt und öffnet sich die Dichtung. Dadurch entsteht ein Sog, der das Grubenwasser nach oben zieht. Anschließend wird über sogenannte Mundrohre das Wasser nach außen abgeleitet.

Vorbild für den Bergbau

Die Ehrenfriedersdorfer Erfindung wurde von Agricola in seinem Werk “De re metallica” dokumentiert. Durch die Verbreitung des Werkes konnte das Wissen in andere Bergbauregionen gelangen. Denn für damalige Zeiten war es eine echte Innovation, dass eine Drehbewegung (Wasserrad) in eine Längsbewegung (Pump- und Saugrohre) umgewandelt werden konnte. Die Technologie kam über 400 Jahre im Bergbau zum Einsatz. Somit ist sie ein echter Teil der Industriegeschichte Sachsens. Und auch für weitere Erfindungen hat sie den Grundstein gelegt, beispielsweise für die Dampfmaschine.

Bergbaugeschichte erleben

In der Zinngrube Ehrenfriedersdorf können Besucher*innen die Ehrenfriedersdorfer Radpumpe auch heute noch bestaunen. Bereits seit 1996 wird das ehemalige Zinnbergwerk als Besucherbergwerk genutzt.

Neben der Radpumpe gibt es noch einiges mehr in der Zinngrube Ehrenfriedersdorf zu sehen:

• Da im Bergwerk bis 1989 produziert wurde, können dort über 700 Jahre des Bergbaus bestaunt werden
• Die besondere senkrechte Schachteinfahrt mit dem Förderkorb in 110 m Tiefe (einer Art Fahrstuhl)
• Ein originaler und funktionierender Maschinenpark mit beispielsweise Loks und Ladegeräten

Für Besucher*innen bietet die Zinngrube zwei Touren an, die jeweils ab sechs oder zehn Jahren geeignet sind. Gerade an heißen Ferientagen ist das Besucherbergwerk ein schönes Ausflugsziel, da Untertage konstant kühle acht Grad herrschen. Weil während der Ferien einiges los ist, bittet das Museum um vorherige Anmeldung.

Fotos: Patrick Eichler, scheffel-photography


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Marie-Luise Fleißner

Marie-Luise Fleißner

marie-luise.fleissner@eins.de